„Der Ausstieg aus dem Kükentöten ist richtig. Wir als deutsche Geflügelwirtschaft begrüßen diesen Schritt ausdrücklich“, so Friedrich-Otto Ripke, Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG). Schon seit 15 Jahren werden Verfahrenstechniken erforscht, mit denen die Geschlechterbestimmung möglichst früh erfolgen und das Töten männlicher Hühnerküken vermieden werden kann. Allein in Deutschland sind es jährlich 45 Millionen Kükentötungen.
Was macht der ZDG? Der ZDG ist eine Dach- und Spitzenorganisation. Er agiert dabei als Interessensvertreter der deutschen Geflügelwirtschaft auf Bundes- und EU-Ebene gegenüber politischen, amtlichen und berufsständischen Organisationen, aber auch der Öffentlichkeit und dem Ausland.
Schwerwiegende Nachteile für die deutsche Geflügelwirtschaft
Doch bei dem derzeitigen Gesetzesentwurf werden sowohl die mangelnde Faktenbasis als auch der auf Deutschland beschränkte Geltungsbereich kritisiert – für die Geflügelwirtschaft zwei schwerwiegende Mängel: Innerhalb der EU sind weiterhin Eier aus solchen Brütereien erlaubt, die männliche Küken kurz nach dem Schlüpfen töten. Diese Eier können legal auch im deutschen Lebensmitteleinzelhandel stehen oder im Großverbrauchersegment verarbeitet werden. Auch dürfen die weiblichen Küken aus solchen Brütereien als Junghennen weiter in deutschen Ställen untergebracht werden.
Die deutsche Geflügelwirtschaft hat dadurch mit erheblichen Wettbewerbsnachteilen innerhalb der EU zu kämpfen.
Besonders kleinere deutsche Brütereien sind bedroht
Sie können nicht mithalten und stehen damit vor dem Aus. Doch gerade die deutschen Brütereien haben erheblich zum derzeitigen Fortschritt des Tierwohls beigesteuert. Ripke zufolge müsste die Politik „auf EU-Ebene aktiv geworden sein, mit dem Ziel, einen verbindlichen Rechtsrahmen für den europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen“. Nun aber sieht er vor allem zwei Bereiche in Deutschland gefährdet:
- den ohnehin schon niedrigen Selbstversorgungsgrad Deutschlands von rund 70 % und
- die Arbeitsplätze in der Geflügelwirtschaft.
Stichtag des Gesetzesentwurfs zum Tötungsverbot
Bis Ende 2021 sollen alle Eier, die in Deutschland produziert werden, aus tötungsfreien Lieferketten stammen. Henner Schönnecke (Vorsitzender vom Bundesverband Ei) sieht das selbst mit Blick auf die derzeitige Technologie problematisch: Geschlechterbestimmungsverfahren, Zweinutzungshühner und Junghahnaufzucht – die Kosten dafür stehen mit den aktuellen Eier-Erlösen in keinem tragbaren Verhältnis zueinander.
Übergangszeit bis mindestens 2023 notwendig
Mehr als 40 Millionen weibliche Küken schlüpfen jährlich in Deutschland. Damit müsste es in etwa genauso viele männliche Küken geben, die entweder nicht schlüpfen dürften oder gemästet werden müssten. Doch die Zahlen aus dem Jahr 2020 zeigen, dass dieses Ziel für Ende 2021 utopisch ist:
- Etwa 6 Millionen Eier wurden mithilfe des Geschlechtsbestimmungsverfahrens selektiert.
- Mindestens 5 Millionen männliche Küken wurden mit der Junghahnmast vor dem Tod bewahrt.
Das macht gerade mal eine Menge von 11 Millionen geretteten Küken. Verglichen mit den 40 Millionen weiblichen, die jährlich schlüpfen, ein verschwindend geringer Betrag. Damit sieht die Geflügelwirtschaft eine Übergangszeit bis Ende 2023 als erforderlich. Doch selbst dabei ist für sie unklar, ob die Zeit ausreicht.
Auch das Selektionsverfahren ist zu langsam
In einem zweiten Schritt soll das Töten von Hühnerembryonen im Ei schon nach dem 6. Bruttag verboten werden. Mit der heutigen Technologie ein Ding des Unmöglichen. Die derzeitigen Verfahren ermöglichen eine Geschlechtsbestimmung erst im Zeitraum vom 9. bis zum 14. Brütungstag. Das Selektionsverfahren ist somit zu langsam und lediglich als Brückentechnologie geeignet. Laut Gesetzesentwurf soll dieser Teil des Tötungsverbots nach dem 31. Dezember 2023 geltend gemacht werden. Der Forschung bleibt damit nicht viel Zeit, um sich auf die Umstellung vorzubereiten.
Der Ausstieg ist notwendig
ZDG-Präsident Ripke betont: „Wir als deutsche Geflügelwirtschaft wollen den Ausstieg mit allen praktikablen Mitteln!“ Doch um das zu gewährleisten, müssten die Bedenken der deutschen Geflügelwirtschaft berücksichtigt werden.