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25. August 2023

Zur staatlichen Tierhaltungskennzeichnung

Was treibt den Wunsch nach mehr Transparenz an? Es gibt viele Menschen, die wissen möchten, wie das Fleisch auf ihren […]

Was treibt den Wunsch nach mehr Transparenz an?

Es gibt viele Menschen, die wissen möchten, wie das Fleisch auf ihren Tellern gelandet ist. Aus welcher Haltungsform stammte das Tier? Unter welchen grundlegenden Bedingungen wachsen und leben Rinder, Schweine und Co., die Bestandteil unserer Nahrung sind? Die Gründe für die Forderung sind vielfältig. Sie reichen vom Tierschutz und sozialer Verantwortung bis hin zum eigenen Gesundheitsbewusstsein oder gar einem Vertrauensverlust in die Lebensmittelindustrie. Diese vielfältigen Motivationen vereinen sich in einem Wunsch: Der deutlichen Kennzeichnung und Zertifizierung von Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs. Durch sie sollen die Haltungsformen bei Fleischprodukten klar, verlässlich und verständlich angegeben werden.

Bemühungen des Handels zur Haltungskennzeichnung

Individuelle Kennzeichnungen und Bestrebungen haben es schwer, diesem Wunsch zu entsprechen. Verbraucher gehen in einem Labyrinth verschiedener Logos verloren – auch, weil nicht klar ist, nach welchen zugrundeliegenden Standards die jeweiligen Einstufungen vorgenommen werden. Im Bewusstsein über die Schwierigkeit dieses Sachverhaltes entstand im Jahr 2019 ein übergreifender Lösungsversuch der Branche, der die bestehenden privatwirtschaftlichen Label in einem Siegel übersichtlich eint.

Initiative Tierwohl und die Kennzeichnung „Haltungsform“

Ein Siegel, das mittlerweile wohl ein jeder kennt: die „Haltungsform“-Kennzeichnung. Wer bei vielen der großen Lebensmittelhändler abgepacktes Fleisch kauft, findet auf den Verpackungen bunte Balken, die über die Haltungsbedingungen der Tiere informieren: Stallhaltung, Stallhaltung Plus, Außenklima und Premium sind die vier Stufen, nach denen Verbraucher ihre Kaufentscheidung treffen können.

Die Brancheninitiative Tierwohl wurde 2015 als Förderprogramm ins Leben gerufen. Als Initiative aus Agar- und Fleischwirtschaft sowie dem Lebensmitteleinzelhandel hat sie es geschafft, viele Betriebe und Produzenten zur Teilnahme zu motivieren. Sie hat mit der Tierhaltungskennzeichnung „Haltungsform“ zusätzlich ein einheitliches System geschaffen, an dem sich Verbraucher beim Kauf von Fleischprodukten orientieren können.

Die Haltungsform-Kennzeichnung des Handels ordnet dafür unterschiedliche Bestrebungen zum Wohle der Tiere in die vier Stufen ein. Beteiligte aus Handel, Gastronomie oder der Verarbeitung unterstützen die Initiative mit Geldmitteln. Die Fleischproduzenten, die der Initiative angehören und entsprechend definierte Tierwohlkriterien einhalten, profitieren in der Folge von einer Förderung. Ziel der „Haltungswohl“-Kennzeichnung der Initiative Tierwohl ist es, die Bedingungen der Nutztierhaltung zu verbessern und gleichzeitig Verbrauchern Transparenz beim Einkauf zu verschaffen.

Es existiert demnach bereits ein Siegel, das viel Anklang findet und Verbrauchern eine Orientierungshilfe beim Fleischeinkauf bietet. Warum braucht es also eine neue staatliche Tierhaltungskennzeichnung?

Ziele der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung

Da bisher keine gesetzliche Verpflichtung zur Angabe der Haltungsform und keine einheitliche Informationsgrundlage für Verbraucher besteht, wurde von der Politik nach langem Ringen eine verbindliche Regelung getroffen. Diese sieht eine allgemeine Kennzeichnungspflicht der Haltungsform von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor. Bislang bezieht sich das Gesetz auf frisches, unverarbeitetes Schweinefleisch. Eine schrittweise Ausweitung auf verarbeitete Produkte, andere Tierarten sowie weitere Bereiche wie die Gastronomie soll folgen.

Transparenz für Verbraucher

Für Verbraucher will das neue Label Transparenz über die Haltungsbedingungen von Nutztieren schaffen und eine einheitlich geregelte Informationsbasis bieten. Gleichzeitig sollen Produzenten finanziell unterstützt und so die Verfügbarkeit an hochwertigen, aber dennoch bezahlbaren Fleischprodukten gesteigert werden. Das staatliche Tierhaltungskennzeichen wird anstatt der bekannten vier Stufen der „Haltungsform“ über fünf Tierhaltungsformen für Schweine verfügen:

Stall

Die Tierhaltung entspricht mindestens den gesetzlichen Mindestanforderungen.

Stall + Platz

Entspricht 12,5 Prozent mehr Platz zum gesetzlichen Mindeststandard sowie zusätzlichem Raufutter und einer Strukturierung der Ställe.

Frischluftstall

45 Prozent mehr Platz sowie Außenklimakontakt und Zugang zu unterschiedlichen Klimabereichen.

Auslauf/Weide

100 Prozent mehr Platz bei der Schweinehaltung sowie ein ganztägig zur Verfügung stehender Auslauf oder eine dauerhafte Freilandhaltung mit Schutzeinrichtung.

Bio

Eine Tierhaltung gemäß der EU-Ökoverordnung, die sich z. B. auf zusätzlichen Platz in Stall und Auslauf sowie die Fütterung von Öko-Futter bezieht.

Unterstützung für Erzeuger

Mit der Einführung der verpflichten Kennzeichnung will das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Landwirten gleichzeitig Anreize setzen, ihre Nutztierhaltung tierwohlgerechter umzubauen. Dies soll geschehen, indem Investitionen in gute Haltungsbedingungen gefördert werden. Die Wertschätzung der Bemühungen soll Betriebe dazu animieren, über den Fokus auf ein gesteigertes Tierwohl auch wirtschaftliche Perspektiven zu verwirklichen.

Zugleich will es die staatliche Kennzeichnung Landwirten ermöglichen, ihre Tierhaltungs-Anstrengungen sichtbar zu machen. Wer sich für eine besonders gute Tierhaltung stark macht, kann dies den Verbrauchern über die Kennzeichnung leicht und übersichtlich mitteilen.

Kritik an der staatlichen Haltungskennzeichnung

Die mit der neuen staatlichen Tierhaltungskennzeichnung verbundenen Ambitionen müssen sich einiger Kritik stellen. Zum einen steht zur Debatte, dass die verpflichtende Implementierung eines lückenhaften und unausgereiften Systems überflüssig sei. Warum soll das funktionierende System der „Haltungsform“-Kennzeichnung ersetzt werden, obwohl es gemeinhin viel Akzeptanz genießt und in seinen Anwendungsbestimmungen bereits etliche Tierarten umfasst? Das neue Gesetzt bezieht sich aktuell nur auf die Schweinehaltung bei frischem Schweinefleisch und nicht auf die Gastronomie, verarbeitete Fleischwaren oder Fertiggerichte. Gleichzeitig wird es als unzureichend bezeichnet, da es keine Regelungen für den Transport oder die Schlachtung der Tiere nennt.

Im gleichen Atemzug wird ein unverhältnismäßig hoher Aufwand bei der Bewältigung der Anforderungen angebracht. Die Betriebe sowie die zuständigen Behörden würden durch die verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung einer Belastung unterworfen, die in keinerlei Relation zum Nutzen oder den einhergehenden Kosten steht. Als mögliches Risiko wird hiermit verbunden auch darauf verwiesen, dass der Mehraufwand in der Folge nicht zu mehr, sondern zu weniger Tierschutz führen könne. Anstatt Erzeugern eine zwingend notwendige Planungssicherheit zu bescheren, sehen sich diese damit konfrontiert, vielen neuen Anforderungen nachzukommen.

Tierschutzverbände verweisen diesbezüglich darauf, dass das neue Gesetz unzureichende Haltungsbedingungen von Tieren finanziell fördere – da die Änderungen bei den Haltungsformen nicht die geweckten Erwartungen und Ankündigungen zu mehr Tierwohl erfüllen: So setze die Tierhaltungsform „Stall“ beispielsweise weiterhin bei den gesetzlichen Mindestanforderungen von 0,75 Quadratmetern an, während es für die nächste Stufe lediglich 12,5 Prozent mehr sein müssen. Damit deuteten die neuen Bezeichnungen auf verbesserte Tierhaltungsbedingungen, doch stellen sie teilweise keine nennenswerten Errungenschaften dar – auch wenn die zusätzlichen Aufwände der Landwirte darauf deuten mögen.

Neben Fragen zur tatsächlichen Finanzierbarkeit und den Folgen für die Landwirte wird dem neuen Gesetz auch vorgeworfen, nicht zur Klarheit, sondern zur zusätzlichen Verwirrung der Verbraucher beizutragen. Die Verdrängung etablierter Kennzeichnungen und Labels habe nicht den gewünschten Effekt einer soliden Informationsgrundlage, sondern verkompliziere die Sache zusätzlich. Einem bewährten System wie dem der Initiative Tierwohl Steine in den Weg zu legen, sei in Hinblick auf dessen Errungenschaften in keiner Weise förderlich.

Zusätzlich wird kritisiert, dass die neue Kennzeichnungspflicht lediglich für inländische Produkte gilt. Das hiesige Angebot an Lebensmitteln tierischen Ursprungs umfasst aber viele Produkte, die nicht aus deutscher Produktion stammen. Nahrungsmittel, die im Ausland hergestellt wurden, betrifft die neue Kennzeichnungspflicht jedoch nicht. Demnach kann das neue Logo nicht die beabsichtigte Orientierung schaffen, solange die Pflicht nicht auch für übernational erzeugtes Fleisch gilt. Und wenn internationale Produzenten ihre Produkte auf freiwilliger Basis kennzeichnen, kann der Handel durch fehlende Transparenz und Kontrollinstanzen nicht für die verlässliche Umsetzung der Haltungsbedingungen bürgen. Hinzu kommt der Wettbewerbsnachteil, der sich auf diese Weise für die Produzenten auftut.

In jedem Fall gut aufgestellt mit Ehlert

Die Lage zum Gesetz der Tierhaltungskennzeichnung ist komplex und wird kontrovers diskutiert. Die Zeit wird zeigen, inwiefern es die Versprechen an Verbraucher, die Unterstützung für Landwirte sowie den Nutzen für Tierwohl und Umwelt einhalten kann. Eines scheint hingegen klar: Mit der Ausweitung der Bestimmungen auf weitere Bereiche wie die Lebensmittelverarbeitung wird die staatliche Kennzeichnungspflicht an Umfang zunehmen.

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25.08.2023

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Geschäftsführer E-Commerce & Marketing

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